Unterwegs im Land der Fuorclas - eine Skidurchquerung in den Albulabergen

13.03.2016

Als fast schon keiner mehr damit gerechnet hat, ist er noch einmal gekommen, der Winter! 

Dass die Engadin Durchquerung vor zwei Woche etwas ganz Besonderes werden würde, wird mir schon bei der Anreise klar: Im Unterengadin, kurz vor Zernez, kommen wir im dichten Schneetreiben nur noch im Schritttempo voran. Als die Tschechen vor uns die Schneeketten montieren, geht nichts mehr. Wollen wir heute noch in St.Moritz ankommen, brauchen wir eine Alternative. Wir lassen das Auto am Bahnhof in Lavin stehen. Die rhätische Bahn funktioniert wie ein schweizer Uhrwerk, auch bei einem Meter Neuschnee.

Am nächsten Morgen biege ich zusammen mit den Gästen bei Sonnenschein kurz unterhalb des Piz Nair von der Piste ab und schon nach wenigen Metern liegt der St.Moritz-Wahnsinn weit hinter uns. Wir ziehen die ersten Schwünge in den frischen Pulverschnee und stehen am Suvrettapass in einer anderen Welt. Um uns herum nur unberührte Hänge. Auf der Jenatschhütte werden herzlich empfangen. Neben dem wunderbaren Essen, bleibt mir der Saunagang zwischen Hauptgang und Nachspeise in besonderer Erinnerung. 

Am nächsten Tag wird es spannend. Der Übergang in´s val Laviner ist steil und die Lawinenlage bleibt weiterhin angespannt. Ich lasse die übliche Querung links liegen und finde weiter unten eine machbare Route. Wir werden mit einer Traumabfahrt hinunter ins val Mulix belohnt.Mit dem Zug fahren wir von Preda nach Bergün, unserem heutigen Etappenziel. Der Streckenabschnitt ist Teil des UNESCO Weltkulturerbes und das Herzstück der rhätischen Bahn. Mit Hilfe vieler Tunnels überwindet der Zug hier einen großen Höhenunterschied, vier mal wechselt er dabei die Talseite. Mir wird fast schwindlig vom ständigen hin und her.

Von meinem Hotelzimmer aus sehe ich das Kurhaus Bergün. Es kommen Erinnerungen an einen wunderbaren Familienurlaub vor vielen Jahren hoch. Damals war das Hotel noch Familienherberge. Einige Tage später erfahren wir von Reto, dem Hüttenwirt der Keschhütte, wieso das Hotel überhaupt gebaut wurde: Bevor es den Albulatunnel gab war Bergün eine wichtige Postkutschenstation vor der Weiterfahrt in Richtung Engadin. Nach der Fertigstellung des Tunnels und der Inbetriebnahme der Zugstrecke ist damals von einem Tag auf den anderen die wichtigste Einnahmequelle des Ortes weggebrochen. In dem daraufhin errichteten Churhaus sollten die Churgäste Station machen, um sich vor Ihrer Weiterfahrt nach St. Moritz an das Bergklima zu gewöhnen. Das Projekt ging gründlich in die Hose, geblieben ist ein sehenswerter Jugendstilbau.

Über die Es-chahütte und den steilen Übergang der porta d´es-cha erreichen wir in den darauffolgenden Tagen das Gletscherbecken des Piz Kesch und nach einer nicht enden wollenden Abfahrt schliesslich die Keschhütte. 

Für die nächsten Tage lassen wir die Zivilisation hinter uns, wird sind nach wie vor allein im Gebiet unterwegs und die Spurarbeit wird zum Alltag. Hat ja schliesslich auch den unschlagbaren Vorteil hat, dass man in der Abfahrt ebenfalls der Erste ist!

Die Gletscherabfahrt zur Grialetschhütte hält was sie verspricht: Endlose Hänge, unverspurter Pulverschnee und das Gefühl in einer anderen Welt unterwegs zu sein. Am letzten Tag wird der kalte, windige Aufstieg zum Piz Sarsura mit einer 1800 Höhenmeter Abfahrt hinunter ins Engadin belohnt.

Wenn Du meinst es geht nicht besser, geht´s eben manchmal doch noch besser!